Die Rechtsanwälte Dr. Heinze & Partner sind Rechtsanwälte für Verfassungsrecht und Europarecht. Rechtsanwalt Dr. Arne-Patrik Heinze ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Aufgrund dessen, dass sich Dr. Heinze & Partner schon aufgrund ihrer Fachpublikationen im Verfassungs- und Europarecht in hohem Maß dem Grundgesetz, der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie den Verträgen (EUV und AEUV) der Europäischen Union (EU) verpflichtet fühlen, bearbeiten sie Fälle bezüglich der staatlichen Corona-Maßnahmen. Dabei sei bemerkt, dass die Rechtsanwälte Dr. Heinze & Partner einerseits die staatlichen Institutionen verpflichten, sinnvolle und rechtmäßige Maßnahmen nicht nur aufzuschreiben, sondern auch in gebotenem Maß umzusetzen, während sie für ihre Mandantschaft andererseits verfassungswidrige und unsinnige Regelungen, die darüber hinaus oft dilettantisch verfasst sind, abzugreifen. Es ist nicht alles schwarz oder weiß, sondern es zählt die Argumentation. Würden einige gering belastende Maßnahmen staatlich effizient kontrolliert und durchgesetzt, so dass Unbelehrbare sich angemessen verhalten würden, wären viele verfassungswidrig getroffene Maßnahmen überflüssig. Möglicherweise fehlt dazu aufgrund jahrzehntelanger Misswirtschaft an motiviertem Personal und Ressourcen.
In der öffentlichen Diskussion wird mittlerweile meist juristisch und menschlich undifferenziert berichtet. Im Fokus steht oft, wer was macht, wie agiert und sich privat oder in der Politik profiliert. Das Entscheidende – die unabhängig von der Person und vom Kalkül vorzunehmende dezidierte verfassungs- und europarechtliche Auseinandersetzung mit Thesen und Argumenten – erfolgt allenfalls selten. Es wird deutlich, dass es in vielen Bereichen um Profilierung in öffentlichen Posten geht. Während medienwirksam Solidarität bekundet wird, Menschen zu erheblich verringerten Gehältern in Kurzarbeit gehen, Mittelständler ihre Gastronomiebetriebe schließen müssen und Personal entlassen müssen, werden marode Großunternehmen auf Kosten der Bevölkerung mit Milliardenbeträgen versorgt, und können trotz Kurzarbeit der Belegschaft Dividenden an Aktionäre ausschütten. Die Entscheidungen über Corona-Maßnahmen treffen in Behörden und Gerichten Menschen, die zwar Solidarität bekunden, ihre Bezüge jedoch nicht solidarisch kürzen. Das ist im Grunde auch nicht verwerflich, wenn denn verstanden worden wäre, dass Staatsinstitutionen für die Bürgerinnen und Bürger eingerichtet wurden – nicht umgekehrt. Geht dieses Fehlverständnis von einem Staatsapparat damit einher, dass alltagsfremde Maßnahmen ohne Gesamtkonzept erdacht werden, die von einem Lockdown in den nächsten führen, obwohl viele Monate Zeit war, ohne persönliche Eitelkeiten ein den Bürgerinnen und Bürgern helfendes systematische Konzept zu erarbeiten, führt dies zu Unverständnis bei Menschen, die ihre (nicht nur finanzielle) Lebensgrundlage verlieren.
Sogar in der Rechtsprechung wird deutlich, dass Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte – aus Trägheit, Überlastung, Inkompetenz oder Abhängigkeit von Justizministerien – es partiell versäumen, ihrer verfassungsrechtlichen Pflicht nachzukommen und zum Beispiel ein Gesetz beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) oder eine Rechtsfrage zur Auslegung beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen, obwohl auch diesbezüglich Eilverfahren vorgesehen sind, die dies ermöglichen würden. Bei einigen Gerichtsentscheidungen bleibt ein fader Beigeschmack, der leider dazu beiträgt, dass die Hochachtung vor staatlichen Institutionen sinkt.
Es ist beispielsweise niemandem zu vermitteln, dass einige Gerichte völlig willkürlich entscheiden. Während es die Rechtsprechung im Saarland – völlig zutreffend – für eine unverhältnismäßige Ungleichbehandlung und damit für verfassungswidrig hält, wenn ein Frisör im normalen Betrieb agieren kann, während dies einer (kosmetischen) Fußpflegerin, die mit Maske und Handschuhen in einem Raum von 50 Quadratmetern mit einem Kunden oder einer Kundin arbeitet, verboten ist, schreibt das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein lapidar, eine offensichtliche Verfassungswidrigkeit des zugrundeliegenden Gesetzes sei nicht ersichtlich, so dass nicht nach Art. 100 GG i.V.m. § 13 Nr. 11 i.V.m. § 32 BVerfGG vorgelegt werden müsse, wobei ein Frisör auch in der Einzelbetrachtung nun einmal etwas anderes als eine Fußpflegerin sei. Sie befriedige anders als ein Frisör keine Grundbedürfnisse – als könne ein Mensch sich die Haare nicht ebenso selbst schneiden wie seine Fußnägel. Wer dabei zusätzlich weiß, dass eine Vorlage beim Bundesverfassungsgericht sehr arbeitsintensiv ist und dem klar ist, dass dies für die Richterinnen und Richter die eine oder andere Nachtschicht bedeuten würde und zudem erkennt, dass Beförderungen der Richterinnen und Richter über die Justizministerien erfolgen, beginnt Mutmaßungen anzustellen – berechtigt oder nicht. Es mutet einfach fragwürdig an, wenn unter weitgehender Außerachtlassung der Parlamente die Exekutive in Form der Regierungen Entscheidungen trifft, die Gerichte über die Ministerien von den Regierungen abhängig sind, und zudem – so wie in Schleswig Holstein – die Rechtsanwälte aus der Kanzlei, welche die staatlichen Institutionen vertritt, zufällig eine Vielzahl Honorarprofessuren (Ehrenprofessuren) an der Universität und der Hochschule in Kiel erhalten.
Die Rechtsanwälte Dr. Heinze & Partner sind der Auffassung, dass das System des Grundgesetzes und der Gedanke eines einheitlichen Europas herausragend sind – es bedarf aber leider oft des Rechtsweges, um für Gerechtigkeit und gegen marode Strukturen vorzugehen.
Im Hinblick auf die Corona-Maßnahmen ist zwischen dem „Ob“ der Maßnahmen und dem „Wie“ der Maßnahmen zu unterscheiden. Da weltweit eine besondere Situation gegeben ist und Leib und Leben im Sinne des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG im Rahmen der Schutzpflicht des Staates zu schützen sind, erscheint es alternativlos, Maßnahmen zu ergreifen – allerdings müssen diese einerseits auf Basis der verfassungsmäßigen Grundlagen und andererseits sinnvoll sein.
Während die Rechtmäßigkeit des „Ob“ einiger Maßnahmen für jede Regelung gesondert auf ihre Recht- und Verfassungsmäßigkeit geprüft werden muss, erscheint das „Wie“ der Umsetzung der Maßnahmen verfassungsrechtlich und europarechtlich mehr als bedenklich.
Rechtlich betrachtet sind die so genannten Corona-Verordnungen auf Landesebene rechtswidrig und somit nichtig.
Es fehlt bereits an einer hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Verordnungen. Bei einer Verordnung handelt es sich um einen Rechtssetzungsakt der Verwaltung in Form delegierter Legislativgewalt, der im Hinblick auf die wegen des Demokratieprinzips aus Art. 20 Abs. 2 GG maßgeblichen Grundsätze der mittelbaren Demokratie –zusätzlich über die Landesverfassungen bzw. die Homogenitätsklausel aus Art. 28 Abs. 1 GG – nur in sehr engen Grenzen möglich ist. Nach den schlechten Erfahrungen mit Notstandsverordnungen in der Weimarer Reichsverfassung sollte die Möglichkeit der delegierten Legislativgewallt auf die Exekutive mittels Verordnungen möglichst restriktiv gehalten werden. Gemäß Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß in einer bundesgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage hinreichend bestimmt sein, wenn diese ein Bundesgesetz als Ermächtigungsgrundlage für eine Verordnung maßgeblich sein soll. Gleiches gilt gemäß den Landesverfassungen. Da es sich nicht um eine allgemeine Gefahrenabwehrverordnung handelt – die Gefahrenabwehrgesetze der Länder wären insoweit keine hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlage – wurde in den so genannten Corona-Verordnungen § 32 InfSchG i.V.m. § 28 InfSchG benannt. Soweit die Ermächtigungsgrundlage nicht hinreichend bestimmt ist, ist dies im Übrigen kein Aspekt, der die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes selbst betreffen muss. Bezüglich der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes hat die Verwaltungsgerichtsbarkeit zwar die Prüfungs-, nicht aber die Verwerfungskompetenz, weshalb sie insoweit im Eilverfahren gemäß Art. 100 GG i.V.m. § 13 Nr. 11 i.V.m. § 32 BVerfGG beim Bundesverfassungsgericht vorlegen müsste, soweit ein entscheidungserhebliches Gesetz für verfassungswidrig gehalten wird. Soweit es aber darum geht, dass es für den Erlass einer Verordnung keine hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlage gibt, führt dies zur Rechtswidrigkeit und somit zur Nichtigkeit der Verordnung, für die das Oberverwaltungsgericht (inter omnes, soweit landesrechtlich vorgesehen) und das Verwaltungsgericht (inter partes) die Verwerfungskompetenz haben.
Zur Anwendung des Infektionsschutzgesetzes bedarf es einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, die gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 InfSchG vom Bundestag festgestellt werden muss. Die epidemische Lage von nationaler Tragweise ist bzw. war in dem Gesetz allerdings in keiner Weise definiert. Zwar beschließt sie der Bundestag als Parlament, jedoch hätte es aufgrund der massiven möglichen Grundrechtseingriffe aufgrund des InfSchG jedenfalls der dezidierten Definition einer epidemischen Lage bedurft, weil beim Erlass des InfSchG auch der Bundesrat im zweigliedrig föderalen Bundesstaat Einfluss nehmen kann – im Rahmen einer durch den Bundestag festzustellenden epidemischen Lage nationaler Tragweite nicht. Allein deshalb ist das InfSchG als Ermächtigungsgrundlage für die streitgegenständliche Verordnung zu unbestimmt.
In § 32 Abs. 1 S. 1 InfSchG werden Landesregierungen mit Verweis auf den Tatbestand der §§ 28-31 InfSchG zum Verordnungserlass ermächtigt und diese dürfen gemäß § 32 Abs. 1 S. 2 InfSchG auf die Gesundheitsämter delegieren. Gemäß § 28 Abs. 1 InfSchG als Einzelermächtigung, auf deren Tatbestand in § 32 InfSchG Bezug genommen wird, bedarf es Kranker, Krankheitsverdächtiger, Ansteckungsverdächtiger oder Ausscheider. Dazu bedarf es jeweils konkreter Anhaltspunkte, denn je wesentlicher Grundrechtseingriffe sind, desto höher sind die Anforderungen an Indizien für die Erfüllung maßgeblicher Tatbestandmerkmale. Die benannten Termini (Kranker, Krankheitsverdächtiger, Ansteckungsverdächtiger, Ausscheider) sind in § 2 InfSchG definiert. Unstrittig und nach allen bekannten Infektionszahlen ist allerdings nur ein verschwindend geringer Bruchteil der Bevölkerung in Deutschland infiziert oder verdächtig. Es gibt in Deutschland weit über 80.000.000 gesunde Menschen. Voraussetzung für den Verordnungserlass in vorgenommenen Maß wäre gewesen, dass es konkrete Anhaltspunkte dafür gegeben hätte, dass alle Verordnungsadressaten Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider wären. So war bzw. ist es aber nicht.
Für eine Verordnung nach Gutsherrenart, mittels derer pauschal die Grundrechte aller beeinträchtigt werden, fehlt es an einer Ermächtigungsgrundlage. Eine solche wäre wohl auch verfassungswidrig und somit nichtig. Die Voraussetzungen des § 32 InfSchG, dessen Verfassungsmäßigkeit einmal unterstellt, sind hingegen nicht erfüllt, weil insoweit auf die §§ 28-31 InfSchG Bezug genommen wird, deren Voraussetzungen offensichtlich ihrerseits nicht erfüllt sind.
Die Verordnungsgeber hätten erkennen müssen, dass die Voraussetzungen für den Verordnungserlass nicht gegeben sind und das InfSchG zudem nicht den Voraussetzungen der Schrankensystematik der Grundrechte standhält. Zwar wurde das Zitiergebot im Sinne des Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG z.B. in § 32 InfSchG beachtet, jedoch wurden qualifiziert einschränkende Gesetzesvorbehalte ignoriert. So hätten z.B. bezüglich des Art. 11 Abs. 1 GG qualifizierte Voraussetzungen aus Art. 11 Abs. 2 GG oder bezüglich Art. 13 Abs. 1 GG qualifizierte Anforderungen aus Art. 13 Abs. 2 ff. GG im Gesetz geregelt werden müssen, soweit es für die Einschränkung der zitierten Grundrechte als Ermächtigungsgrundlage hinreichend hätte sein sollen. Gleiches gilt bezüglich des Art. 10 Abs. 1 GG.
Das Infektionsschutzgesetz ist seinerseits partiell verfassungswidrig und somit nichtig. Würde der Tatbestand des § 32 InfSchG entgegen der bisherigen Ausführungen nach einer Wortlautsubsumtion als erfüllt ansehen, müsste es das InfSchG auch in Eilverfahren gemäß Art. 100 GG i.V.m. § 13 Nr. 11 i.V.m. § 32 BVerfGG beim Bundesverfassungsgericht vorlegt werden, da dessen Verfassungsmäßigkeit dann entscheidungserheblich wäre. Das Infektionsschutzgesetz ist aus unterschiedlichen Gründen verfassungswidrig.
Zunächst fehlt es partiell bereits an der Gesetzgebungskompetenz für das Infektionsschutzgesetz. Auch Verwaltungskompetenzen aus den Artt. 83 ff. GG werden in verfassungswidriger Weise missachtet.
Zwar handelt es sich gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG um eine konkurrierende Gesetzgebung, von welcher der Bund zur Aushebelung des Grundsatzes der Länderkompetenz aus Art. 70 Abs. 1 GG mittels Art. 72 Abs. 1 GG Gebrauch machen kann, wobei eine so genannte „Ping-Pong“-Gesetzgebung gemäß Art. 72 Abs. 3 GG bezüglich des Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG nicht vorgesehen ist. Im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung gilt zudem eine Sperrwirkung für die Länder, soweit der Bund von seiner Kompetenz Gebrauch macht oder bestimmte Aspekte bewusst nicht regelt. Somit wäre der bayrische Ansatz der Schaffung eines Landesinfektionsschutzgesetzes, in dem verschärfte Aspekte geregelt werden, die vom Bund nach Debatten bewusst nicht geregelt wurden, verfassungswidrig. Das gilt aber nur insoweit, als ein Regelungsbereich überhaupt vom Infektionsschutz umfasst ist, es sich somit um konkurrierende Gesetzgebung handelt, so dass sich eine Sperrwirkung ergeben kann. Die Sperrwirkung gilt nicht für genuin landesrechtliche Gesetzgebungsmaterien, bezüglich derer der Landesgesetzgeber wesentliche Aspekte sogar durch ein Landesgesetz regeln muss und keine Verordnung wählen darf.
Im Infektionsschutzgesetz sind keinerlei Einschränkungen der Grenze der Kompetenz bezüglich des Infektionsschutzes vorgesehen, in denen Bezug auf die Kompetenzen der Landesgesetzgeber genommen wurde. Allerdings sind zum Beispiel das Versammlungsrecht, das Gefahrenabwehrrecht und gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG auch das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und Märkte genuine Gesetzgebungsmaterien der Bundesländer, die nunmehr pauschal ohne Differenzierung über das Infektionsschutzgesetz ausgehebelt werden. So ist z.B. auch in der Verordnungsermächtigung des § 32 InfSchG keinerlei Einschränkung vorgesehen. Sämtliche Landesgesetzgebungsmaterien werden über den Infektionsschutz pauschal unterlaufen. Die Versammlungsfreiheit und andere Grundrechte werden in § 32 InfSchG zudem pauschal genannt, ohne z.B. im Gesetz darauf hinzuweisen, dass die Grenze der Verordnungsermächtigung die genuinen Landesgesetzgebungsmaterien der Bundesländer sind, die insoweit keine Verordnungen erlassen, sondern im Rahmen der unterschiedlichen in den Grundrechten geregelten Gesetzesvorbehalte eigene Gesetze schaffen müssten. Das Unterlaufen der Landesgesetzgeber wird nicht dadurch „geheilt“, dass die Exekutive der Länder in Form der Landesregierungen die Verordnungen erlässt – die Exekutive ist nicht die Legislative.
Auch die zahlreichen in § 5 InfSchG aufgeführten Ermächtigungen zum Erlass von Bundesverordnungen durch das Bundesministerium der Gesundheit enthält Regelungsbereiche, welche die Gesetzgebungskompetenzen der Länder betreffen. Insoweit genügt es nicht, in § 5 Abs. 2 InfSchG die Formulierung „unbeschadet der Befugnisse der Länder“ aufzunehmen, während gleichzeitig genau deren Befugnisse willkürlich mittels Kompetenzüberschreitung beschnitten werden. Anstatt dessen hätte es einer klaren Abgrenzungsregelung bedurft.
Auch durch die Kompetenzen im Bereich der Richtlinien, Beschlüsse usw. in § 5 Abs. 2 Nr. 7 InfSchG werden Kompetenzen der Bundesländer und der Selbstverwaltungsträger in verfassungswidriger Weise verkürzt. Führen Länder eigene Gesetze aus, haben sie gemäß Art. 30 GG die Verwaltungskompetenz. Soweit Bundesgesetze gemäß den Artt. 83, 84 GG als eigene Angelegenheit der Länder ausgeführt werden, gibt es lediglich eine Rechtsaufsicht. Sogar bei einer Bundesauftragsverwaltung gemäß Art. 85 GG gibt es kein Selbsteintrittsrecht, sondern lediglich eine Rechts- und Fachaufsicht. Soweit das Bundeministerium seinerseits die Verwaltungskompetenzen im Sinne eines Selbsteintrittsrechts an sich zieht – Richtlinien und Beschlüsse sind keine Rechtssetzungsakte, sondern internes Verwaltungshandeln –, ist dies verfassungswidrig. Die getroffenen Regelungen gehen über die in den Art. 84 Abs. 2 GG und Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG geregelten Kompetenzen des Bundes hinaus und kommen einem Selbsteintrittsrecht gleich. Ein solches ist nicht vorgesehen. Lediglich unter den Voraussetzungen des Art. 87 Abs. 3 GG hätten unter engen Voraussetzungen selbstständige Bundesoberbehörden bzw. neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten öffentlichen Rechts durch Bundesgesetz geschaffen werden dürfen. Dabei ist zwischen Oberbehörden und obersten Behörden zu unterscheiden. Die Übertragung auf eine oberste Behörde – z.B. ein Bundesministerium – ist aufgrund der im Grundgesetz verankerten Dezentralisierung verfassungswidrig.
Das Infektionsschutzgesetz ist also auch im Hinblick auf die Artt. 83 ff. GG verfassungswidrig.
Je wesentlicher Grundrechtseingriffe sind, desto höher sind die Anforderungen an den Gesetzgeber an die Regelungsdichte des Gesetzes und an die Reglungen durch Gesetze bei der Wahl, welcher Rechtssetzungsakt im Rahmen der Einschätzungsprärogative gewählt wird. Es handelt sich bei den Maßnahmen im Rahmen der Bekämpfung des Covid19-Virus um die erheblichsten Grundrechtseingriffe, die es in Deutschland seit Inkrafttreten des Grundgesetzes gegeben hat. Pauschale Verordnungsermächtigungen in § 5 InfSchG oder § 32 InfSchG sind mit dem primär aus den Grundrechten und subsidiär aus einer praktischen Konkordanz zwischen Rechtsstaats- und Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 2, 3 GG) abzuleitenden Wesentlichkeitsgrundsatz unvereinbar. Das gilt selbstverständlich auch für die viel zu schwache Legitimationskette, in der in § 32 InfSchG sogar eine Delegation auf die Gesundheitsämter vorgesehen ist. Es ist beängstigend, dass Politiker so genannter Volksparteien sogar eine schnelle Änderung des Grundgesetzes und die dortige Aufnahme von Notstandverordnungen vorgeschlagen haben. Eine derartige Reglung gab es bereits in der Weimarer Reichsverfassung mit dem bekannten Ergebnis. Wesentliches hätte durch den Gesetzgeber geregelt werden müssen – der Erlass einer Verordnung ist im Rahmen massiver und flächendeckender Grundrechtseingriffe nicht hinreichend. Die dilettantische und ebenfalls unbestimmte Ergänzung des § 28a InfSchG ändert daran nichts. Bemerkenswert ist insoweit die Berichterstattung, in der die erneute Änderung des Gesetzes als Stärkung des Parlamentes erklärt wird – als sei es eine Stärkung des Parlamentes, dass es bei einzelnen Maßnahmen zwar nicht entscheiden, jedoch informiert werden soll. Die Regelung des Corona-Maßnahmen ist ohnehin Sache der Parlamente. Die Argumentation, die Legislative würde nun gestärkt werden, ist etwas so, als würde ein Dieb € 1.000,- stehlen, € 100,- zurückgeben und es würde berichtet werden, wie großmütig der Dieb dem Opfer € 100,- gegeben habe.
Soweit das RKI in § 4 InfSchG als nationale Behörde eine maßgebliche Funktion zugesprochen bekommt, ist dies ebenfalls verfassungswidrig. Es handelt sich dabei um eine hierarchisch strukturierte Behörde mit interner Weisungsgebundenheit, so dass es dort letztlich einen Entscheider gibt. Zudem erhält das RKI projektbezogene Spenden. Dies ist für eine Behörde eine mehr als fragwürdige Praxis, da eine neutrale und unvoreingenommene Beurteilung gewisser Situationen, in denen je nach Maßgabe des RKI unterschiedliche Konzerne profitieren, nicht gewährleistet ist, zumal das RKI sich wiederum an der WHO orientiert, die mittelweile nachweislich zu ca. 80 % fremdfinanziert ist – und das mittelbar durch unterschiedliche Konzerne, die zum Teil an Impfstoffen und bei Pandemien profitieren (Vgl. zum Beispiel „Die WHO in der Hand der Lobbyisten“ des seriösen Senders ARTE).
Der Gesetzgeber hätte vielmehr eine Regelung schaffen müssen, nach der das Parlament bzw. die Fachministerien und die Regierung die Meinungen verschiedener unabhängiger Institute bzw. unabhängiger universitärer Einrichtungen – soweit es diese überhaupt noch gibt – einholen müssen, um aus einer Mehrzahl möglichst objektivierter fundierter wissenschaftlicher Meinungen innerhalb sehr kurzer Zeit eine Entscheidungsgrundlage zu erhalten.
Erst bei Erfüllung aller genannten Voraussetzungen kommt es zu der viel zitierten Prüfung der Verhältnismäßigkeit – zunächst sind Schutzbereichseingriff und Rechtfertigung zu prüfen. An der Rechtfertigung fehlt es aus den aufgezeigten Gründen. Der Gesetzgeber hätte das „Wie“ bereichsspezifisch im Bundes- und im Landesrecht in den jeweiligen Spezialgesetzen wie z.B. den Schulgesetzen, Hochschulgesetzen usw. selbst regeln müssen. Damit wurde allenfalls begonnen, nachdem diverse Grundrechte verletzt wurden.
Unabhängig vom Verstoß gegen nationales Recht wurden auch Regelungen des Unionsrechts (EU-Recht) verletzt – wie zum Beispiel die Freizügigkeit gemäß Art. 21 AEUV. Diverse Grundfreiheiten wurden verletzt. Dennoch ziehen die Gerichte eine Vorlage zum EuGH nach Art. 267 AEUV in der Regel nicht in Betracht.
Im April 2021 ist nach langer Zeit des verfassungswidrigen Zustandes formal endlich verstärkt der Gesetzgeber tätig geworden, denn Wesentliches hat der Gesetzgeber selbst zu regeln. Da allerdings ausschließlich der Bundesgesetzgeber tätig geworden ist und über den ,,Infektionsschutz“ sämtliche Landesmaterien auszuhebeln versucht, bleibt es bei der eingangs erläuterten verfassungswidrigen Kompetenzüberschreitung, bis es eine Grundgesetzänderung bezüglich der Gesetzgebungskompetenzen gibt, zu der es einer Mehrheit von zwei Dritteln bedarf. Darüber hinaus hat der Bundesgesetzgeber mit der Gesetzesänderung im April 2021 wiederum die Verordnungskompetenz in verfassungswidriger Weise erweitert, weil die Ermächtigung einerseits keine hinreichende Regelung bezüglich des Inhaltes, des Zwecks und des Ausmaßes enthält und andererseits Wesentliches der Gesetzgeber umfangreich selbst zu regeln hat. Das ist aber nur partiell geschehen. Letztlich sind diverse Regelungen im geänderten Infektionsschutzgesetz – wie zum Beispiel eine pauschale und nicht substantiiert begründete Ausgangssperre – auch materiell-rechtlich unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig.