Der Rechtsanwalt für Verfassungsbeschwerden Rechtsanwalt Dr. Arne-Patrik Heinze hat für seine Mandantschaft eine Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf effektiven Rechtsschutz beim Bundesverfassungsgericht eingelegt, nachdem der Bundesgerichtshof die Revision nicht zugelassen hatte. Im Kern geht es um insgesamt etwa 40 Filmfonds mit einem Volumen von jeweils ca. € 100.000.000,- bis € 200.000.000,-, die als Investmentmodelle aufgelegt wurden.
Der Rechtsanwalt für Verfassungsbeschwerden Dr. Arne-Patrik Heinze hat für seine Mandantschaft eine Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf die Familie im sinne des Art. 6 GG und das rechtliche Gehör im Sinne des Art. 103 Abs. 1 GG eingelegt.
Der Rechtsanwalt für Verfassungsbeschwerden Dr. Arne-Patrik Heinze hat im Rahmen einer prüfungsrechtlichen Angelegenheit eine Verfassungsbeschwerde eingelegt. Im Kern geht es um die Gewährung effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG, weil das Oberverwaltungsgericht eine Zulassung der Berufung mit einem Nichtannahmebeschluss mit über 30 Seiten Begründung abgelehnt hat, obwohl es entgegenstehende Rechtsprechung eines anderen Oberverwaltungsgerichts gab. Außerdem wurde die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG geltend gemacht, weil das Verfahren der Prüfungskommission im Hinblick auf die Wiederholung der Hebeentscheidung in unverhältnismäßiger Weise erfolgte. Diverse andere Aspekte wurden auch gerügt.
Erfolg bei Verfassungsbeschwerde mit Eilantrag
Die durch den Rechtsanwalt für Verfassungsbeschwerden Dr. Arne-Patrik Heinze geführte Verfassungsbeschwerde mit Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht hat der Mandantin den gewünschten Erfolg gebracht.
I. Sachverhalt
Unsere Mandantin – eine GmbH – ist im globalen Handel mit Produkten tätig. Bevor Herr Dr. Heinze mandatiert worden ist, gab es Verfahren beim Landgericht Berlin. Unsere Mandantin hatte Ware einer Firma aus Osteuropa, welche eine Tochterfirma eines global agierenden französischen Stromanbieters ist, erworben und sie weiterveräußert. Da diese Ware mangelhaft war, musste unsere Mandantin bei ihren Kunden in erheblichem sechsstelligen Umfang Schadensersatz leisten und verlor einige Abnehmer. Da unsere Mandantin den Kaufpreis gegenüber der Lieferantin minderte, verklagte diese unsere Mandantin beim Landgericht in Berlin auf Zahlung eines hohen sechsstelligen Betrages als noch offenen Restkaufpreis. Dieses Verfahren wurde im Urkundenprozess (nur aufgrund der Dokumente wie des Kaufvertrages) geführt. Um die im Falle einer Vollstreckung drohende Insolvenz abzuwenden, beantragte unsere Mandantin im Urkundenprozess neben der Klagabweisung, ein etwaiges Vorbehaltsurteil nach § 712 ZPO nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären sowie hilfsweise die Vollstreckung auf die in § 720a ZPO bezeichneten Maßregeln zu beschränken. Unsere Mandantin wurde zur Restkaufpreiszahlung verurteilt und ging – obwohl dies taktisch zur Erhaltung des Vollstreckungsschutzes unter Umständen sinnvoll hätte sein können, um das Urteil im Urkundenprozess nicht in Rechtskraft erwachsen zu lassen – nicht in die Berufung. Dem Vollstreckungsschutzantrag der Beschwerdeführerin entsprach das Landgericht im Urkundenprozess insofern, als es das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags für vorläufig vollstreckbar erklärte.
Die Entscheidung, dem Vollstreckungsschutzantrag der Beschwerdeführerin nur eingeschränkt zu entsprechen, stützt das Landgericht in dem Vorbehaltsurteil auf § 712 Abs. 2 ZPO. Unabhängig davon, ob die Vollstreckung des Vorbehaltsurteils zur Insolvenz der Beschwerdeführerin führe und ihr damit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein unersetzlicher Nachteil entstehen würde, führe jedenfalls die nach § 712 Abs. 2 S. 1 ZPO erforderliche Interessenabwägung dazu, dass eine Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung sachgerecht sei. Die Rechtsprechung des BGH, nach der ein Vorbehaltsurteil nach § 302 ZPO über eine Werklohnforderung nicht in Betracht komme, wenn der Beklagte gegenüber der Klageforderung mit synallagmatischen Gegenansprüchen aufgrund der angeblichen Mangelhaftigkeit der Werkleistung aufrechnet (BGH, Urt. v. 24. November 2005, VII ZR 304/04), sei auf ein Vorbehaltsurteil im Urkundenprozess nicht übertragbar. Bei dem Urkundenprozess gehe der Gesetzgeber grundsätzlich von der Vollstreckbarkeit des Vorbehaltsurteils aus, auch wenn synallagmatische Gegenrechte im Nachverfahren geltend gemacht werden. Aus diesem Grund passe „generell das Rechtsinstitut des § 712 ZPO nur bedingt zur Modifizierung eines Vorbehaltsurteils“ (S. 8 des Vorbehaltsurteils). Denn selbst wenn das Gericht einem Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO folge und das Vorbehaltsurteil nicht für vorläufig vollstreckbar erkläre, sei der Beklagte gezwungen, Berufung einzulegen, um den Eintritt der Rechtskraft und damit die Vollstreckbarkeit zu verhindern. Denn ein Vollstreckungsschutz im Nachverfahren sei – so die Annahme des Landgerichts – gesetzlich nicht vorgesehen. Wörtlich führt das Gericht in dem Vorbehaltsurteil (S. 9 des Urteils) aus:
„Daraus folgt, dass die Beklagte [unsere Mandantin], selbst wenn das Gericht ihrer Position zustimmen würde, gegen das Vorbehaltsurteil nur deshalb Berufung einlegen müsste, um seine Rechtskraft zu verhindern. Diese Möglichkeit steht ihr natürlich zu. Das Gericht meint aber, dass das Konzept einer Berufung gegen ein aus Sicht des Berufungsführers richtiges Urteil, die nur durchgeführt wird, um eine Maßnahme nach § 712 ZPO ‚am Leben zu erhalten’ vom Gesetz so nicht bezweckt ist. Dieses Szenario belegt vielmehr umgekehrt, dass das Gesetz dort, wo es ein Vorbehaltsurteil zulässt, sich zugleich gegen Schutzmaßnahmen gemäß § 712 ZPO zugunsten des Schuldners entschieden hat. Andernfalls müsste es genaugenommen eine Regelung geben, wonach Schutzmaßnahmen nach § 712 ZPO auch bei Rechtskraft des Vorbehaltsurteils bis zum Erlass des erstinstanzlichen Schlussurteils weitergelten. Eine solche Regelung hat der Gesetzgeber aber nicht vorgesehen.“
Aus diesem Grund hat das Landgericht es insgesamt für ausreichend erachtet, den Interessen unserer Mandantin in der Form Rechnung zu tragen, dass die vorläufige Vollstreckung entgegen dem gesetzlichen Regelfall von einer Sicherheitsleistung der Klägerin abhängig gemacht wird.
Da die unsere Mandantin ihre materiellen Gegenrechte nicht mit einer Berufung gegen das Vorbehaltsurteil, sondern nur im Nachverfahren geltend machen kann, legte sie gegen das Vorbehaltsurteil keine Berufung ein.
Unsere Mandantin machte Gewährleistungsrechte wegen der Mangelhaftigkeit der Lieferungen im Nachverfahren geltend. Zugleich beantragte unsere Mandantin, die Zwangsvollstreckung aus dem Vorbehaltsurteil des Landgerichts Berlin nach § 707 ZPO einstweilen einzustellen. Zur Begründung verwies unsere Mandantin auf ihre bisherigen Ausführungen zum Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO, den sie bereits im Urkundenprozess gestellt hatte.
Das Landgericht Berlin lehnte den Antrag unserer Mandantin auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Vorbehaltsurteil ab. Zur Begründung führte es aus, es könne dahinstehen, ob ein solcher Einstellungsantrag überhaupt zulässigerweise beim Landgericht gestellt werden könne oder im Hinblick auf § 719 ZPO nur in Verbindung mit der Berufung gegen das Vorbehaltsurteil zulässig sei. Jedenfalls sei der Antrag in der Sache aus den bereits im Vorbehaltsurteil genannten Gründen abzulehnen. Schließlich verweist das Landgericht in dem Beschluss darauf, dass eine einstweilige Einstellung nach § 719 ZPO nach Rechtskraft des Vorbehaltsurteils nicht in Betracht komme und das Landgericht von einem zwischenzeitlich eingelegten Rechtsmittel keine Kenntnis habe.
Unsere Mandantin erhob gegen den Beschluss die Gehörsrüge und hilfsweise die Gegenvorstellung. Mit beiden Rechtsbehelfen verfolgte sie den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung weiter. Zudem beantragte sie hilfsweise die Anordnung, dass die Zwangsvollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung stattfindet.
In der Begründung der Gehörsrüge sowie der Gegenvorstellung führte unsere Mandantin aus, dass der Einstellungsantrag nicht wie offenbar vom Landgericht angenommen auf § 719 ZPO, sondern auf § 707 ZPO gestützt ist. Sie legte zudem dar, dass § 707 ZPO ausdrücklich in der Phase der Fortführung eines Rechtsstreits im Nachverfahren anwendbar ist. Unsere Mandantin wies ferner darauf hin, dass die Ausführungen des angegriffenen Beschlusses zu § 719 ZPO sowie zu § 712 ZPO, soweit sie die grundsätzliche Zulässigkeit des Vollstreckungsschutzantrags betreffen, sich angesichts der ausdrücklichen Regelung in § 707 ZPO erübrigen. Darüber hinaus stellte unsere Mandantin in der Begründung heraus, dass sich die Interessenlage zwischen den Parteien des zivilrechtlichen Rechtsstreits seit der Verkündung des Vorbehaltsurteils nicht geändert habe. In dem Vorbehaltsurteil habe das Landgericht aber im Anschluss an eine Interessenabwägung ausdrücklich eine Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung als angemessen erachtet. Mit dem Hilfsantrag wollte unsere Mandantin zumindest den Status Quo der Vollstreckbarkeit nach dem Tenor des zwischenzeitlich rechtskräftig gewordenen Vorbehaltsurteils erhalten. Im Übrigen führte unsere Mandantin in der Begründung aus, dass die vollstreckende Klägerin in der absehbaren Insolvenz wegen einer inkongruenten Deckung der Vollstreckung ohnehin von einer Anfechtung durch den Insolvenzverwalter ausgehen müsse.
Das Landgericht hat die Gegenvorstellung und die Gehörsrüge mittels eines Beschlusses zurückgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass in der Begründung des Beschlusses des vorherigen Beschlusses allein § 719 ZPO erwähnt werde, weil für einen hierauf gestützten Antrag das Gericht bereits nicht zuständig wäre. Es sei aber nicht verkannt worden, dass der Einstellungsantrag möglicherweise über den Wortlaut dieser Norm hinaus auch auf § 707 ZPO gestützt werden könne. Da eventuell sogar noch weitere Einstellungsvorschriften in Betracht kämen, sei die explizite Beschränkung auf § 707 ZPO unterblieben. Jedenfalls sei ein worauf auch immer gestützter Einstellungsantrag in der Sache aufgrund der Ausführungen in dem Vorbehaltsurteil abzulehnen, worauf in der Begründung des Ablehnungsbeschlusses hingewiesen worden sei. Da die Voraussetzungen der § 707 ZPO und § 712 ZPO einander entsprächen, sei der eventuell zulässige Antrag nach § 707 ZPO ebenso zurückzuweisen wie der im Rahmen des Urkundenprozesses gestellte Antrag im Sinne des § 712 ZPO. Weiterhin führt das Gericht zur Begründung aus, dass die von der Beschwerdeführerin beantragte Anordnung der Zwangsvollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung aus Sicht des Gerichts keinen Sinn ergebe. Das Vorbehaltsurteil sehe bereits eine dahingehende Regelung vor.
II. Verfassungsbeschwerde
In diesem Verfahrensstadium wurde Herr Dr. Heinze als Rechtsanwalt für Verfassungsbeschwerden mandatiert. Er stellte zusammen mit der Verfassungsbeschwerde einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht.
1. Begründung der Verfassungsbeschwerde
Die Verfassungsbeschwerde hat Herr Dr. Heinze insbesondere auf willkürliches Handeln des Gerichts gestützt, welches mittels des Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich angegriffen werden kann. Da das Bundesverfassungsgericht jedoch keine Superrevisionsinstanz ist, bedarf es einer spezifischen Grundrechtsverletzung, also einer erheblichen Willkür.
a)
Das Landgericht hat den Vollstreckungsschutzantrag der Beschwerdeführerin in willkürlicher Weise abgewiesen. Das grundlegende, krasse Missverständnis, dem die angegriffenen Beschlüsse unterliegen, besteht aus zwei zusammenhängenden Aspekten. Zum einen ist das Landgericht davon ausgegangen, dass es für Vollstreckungsschutzanträge im Nachverfahren keine ausdrückliche, gesetzliche Regelung gäbe (aa)). Zum anderen und damit zusammenhängend ist es davon ausgegangen, die im Tenor eines Vorbehaltsurteils ausgesprochenen Einschränkungen der vorläufigen Vollstreckbarkeit, hier die Notwendigkeit einer Sicherheitsleistung, blieben nach Rechtskraft des Vorbehaltsurteils auch im Nachverfahren wirksam (bb)). Damit ist die Funktion des § 707 Abs. 1 ZPO grundlegend verkannt worden. Dabei hat das Landgericht in der Begründung der Beschlüsse darauf verwiesen, dass eine Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung aus Sicht des Gerichts einen angemessenen Ausgleich darstellt. Diese Begründung lässt den Schluss zu, dass das Gericht infolge einer unzutreffenden Annahme über die Vollstreckbarkeit der Vorbehaltsurteile einen anderen als den beabsichtigten Interessenausgleich getroffen hat (cc)).
aa)
Nach § 707 Abs. 1 S. 1 ZPO kann das Gericht unter anderem dann, wenn der Rechtsstreit nach der Verkündung eines Vorbehaltsurteils fortgesetzt wird, auf Antrag anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt werde oder nur gegen Sicherheitsleistung stattfinde und dass die Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung ist nach § 707 Abs. 1 S. 2 ZPO nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Schon nach dem Wortlaut fällt das Nachverfahren nach einem Vorbehaltsurteil im Urkundenprozess damit unmittelbar in den Anwendungsbereich des § 707 Abs. 1 ZPO (Thomas/Putzo – Hüßtege, ZPO, 31. Aufl. 2010, § 707 Rn. 2; Zöller – Herget, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 707 Rn. 2; Musielak – Lackmann, ZPO, 11. Aufl. 2014, § 707 Rn. 2; Münchener Kommentar ZPO – Götz, 4. Aufl. 2012, § 707 Rn. 2).
Unsere Mandantin befand sich genau in der in § 707 Abs. 1 S. 1 ZPO geregelten Situation.
Diese Anwendbarkeit des § 707 Abs. 1 ZPO wird in den angegriffenen Beschlüssen grundlegend verkannt. Im ersten Beschluss wird an der Zulässigkeit eines solchen Vollstreckungsschutzantrags im Hinblick auf die Regelung in § 719 ZPO gezweifelt. In dieser Norm sind Vollstreckungsschutzanträge im Berufungsverfahren geregelt. Auf den Hinweis der Beschwerdeführerin in der Gehörsrüge und Gegenvorstellung führt das Landgericht in dem zweiten Beschluss aus, ein Einstellungsantrag könne im Nachverfahren allenfalls „über den Wortlaut der Norm hinaus“ auf § 707 ZPO gestützt werden. Weil das Landgericht die Anwendbarkeit des § 707 ZPO schlicht übersehen hat, ist es bei der Entscheidung über den Vollstreckungsantrag von unzutreffenden, von einem konkreten Tatbestand losgelösten Voraussetzungen ausgegangen. In dem Beschluss auf die Gehörsrüge und Gegenvorstellung heißt es dazu: „Vielleicht kommen sogar noch weitere Einstellungsvorschriften in Betracht, daher ist die explizite Beschränkung auf § 707 ZPO unterblieben.“
Dieses grundlegende Missverständnis zur Anwendbarkeit des § 707 Abs. 1 ZPO klingt bereits im Vorbehaltsurteil an. Darin ist ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin faktisch gezwungen sei, gegen ein auch aus ihrer Sicht in der Sache zutreffendes Vorbehaltsurteil Berufung einzulegen, wenn sie eine nach § 712 ZPO im Vorbehaltsurteil ausgesprochene Vollstreckungsschutzmaßnahme wirksam halten wolle. Denn – so das Landgericht – andernfalls müsse es eine Regelung zu Schuldnerschutzmaßnahmen auch bei Rechtskraft des Vorbehaltsurteils bis zum Erlass des erstinstanzlichen Schlussurteils geben. Eine solche Regelung habe der Gesetzgeber aber nicht vorgesehen.
bb)
Durch den grundlegenden Irrtum über die Systematik des Vollstreckungsschutzes im Nachverfahren ist das Landgericht bei seiner Entscheidung von einer unzutreffenden rechtlichen Situation ausgegangen.
Ein im Urkundenprozess zur Zahlung verurteilter Schuldner kann materielle Gegenrechte, die auf umstrittenen, nicht durch Urkunden beweisbaren Tatsachen beruhen, nur im Nachverfahren geltend machen. Das Vorbehaltsurteil ist nach § 708 Nr. 4 ZPO grundsätzlich ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Aber auch wenn das Gericht im Vorbehaltsurteil auf einen Antrag nach § 712 Abs. 1 ZPO im Vorbehaltsurteil die vorläufige Vollstreckbarkeit einschränkt – im zu Grunde liegenden Verfahren hatte das Landgericht eine vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung als angemessenen Interessenausgleich erachtet – entfällt diese Einschränkung der vorläufigen Vollstreckbarkeit, wenn das Vorbehaltsurteil etwa mit Ablauf der Berufungsfrist formell rechtskräftig wird (BGH, Urt. v. 28. September 1977, VIII ZR 51/77, Rn. 11; Zöller – Greger, ZPO, 30. Aufl. 2012, § 599 Rn. 16; Thomas/Putzo – Reichold, ZPO, 31. Aufl. 2010, § 599 Rn. 7). Weil der Schuldner sich während des laufenden Nachverfahrens, in dem er seine materiellen Einwendungen geltend macht, gegen die Vollstreckung des Vorbehaltsurteils in keiner Weise wehren könnte, wird in § 707 Abs. 1 ZPO einen Interessenausgleich getroffen, nach dem das Gericht eine umfassende Abwägung der Parteiinteressen unter Berücksichtigung der sachlichen Erfolgsaussichten vornimmt (Zöller – Herget, ZPO, 30. Aufl. 2010, § 707 Rn. 1 und 7; Musielak – Lackmann, ZPO, 11. Aufl. 2014, § 707 Rn. 1 und insb. Rn. 7 zur besonderen Schutzbedürftigkeit des Schuldners bei einem Vorbehaltsurteil; Münchener Kommentar ZPO – Götz, 4. Aufl. 2012, § 707 Rn. 1).
Dieser systematische Zusammenhang und damit die Funktion des § 707 Abs. 1 ZPO sind in den angegriffenen Beschlüssen grundlegend verkannt worden. Obwohl das Landgericht zutreffend davon ausgeht, dass das Vorbehaltsurteil mangels Berufung zwischenzeitlich formell rechtskräftig geworden ist, erkennt es nicht, dass damit die im Vorbehaltsurteil ausgesprochene Einschränkung der vorläufigen Vollstreckbarkeit, nämlich die Notwendigkeit einer Sicherheitsleistung, entfallen ist. Das Landgericht führt dazu im zweiten Beschluss aus:
„Die vom Beklagtenvertreter [der Beschwerdeführerin] ferner beantragte Anordnung der Zwangsvollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung ergibt aus Sicht des Gerichts keinen Sinn. Das Urteil vom ... sieht bereits eine dahingehende Regelung vor (Ziff. 5 des Tenors). Durch den Beschluss vom ... hat sich daran nichts geändert.“
Im Hinblick auf das laufende Nachverfahren ist es gerade die Funktion des § 707 Abs. 1 ZPO, einen im Einzelfall angemessenen Interessenausgleich zur Reichweite der Vollstreckbarkeit während des laufenden Nachverfahrens zu treffen.
cc)
Durch das Missverständnis über die Vollstreckbarkeit von Vorbehaltsurteilen widerspricht die Begründung der angegriffenen Beschlüsse ihrem Tenor. Weil das Landgericht selbst von der Angemessenheit einer nur eingeschränkten Vollstreckung ausgegangen ist, ist die vollständige Ablehnung des Vollstreckungsschutzantrags nicht mehr nachvollziehbar.
Sowohl in dem Vorbehaltsurteil als auch in den angegriffenen Beschlüssen hat das Landgericht zum Ausdruck gebracht, dass es eine Beschränkung der Vollstreckbarkeit durch die Notwendigkeit einer Sicherheitsleistung angesichts der geltend gemachten Gegenrechte und der finanziellen Situation unserer Mandantin als einen angemessenen Interessenausgleich erachtet. In dem Vorbehaltsurteil, auf dessen Ausführungen die Beschlüsse insoweit verweisen, heißt es dazu:
„Insgesamt erachtet es das Gericht für ausreichend, den Interessen der Beklagten [Beschwerdeführerin] in der Form Rechnung zu tragen, dass die vorläufige Vollstreckung entgegen dem gesetzlichen Regelfall (§ 708 Nr. 5 ZPO [richtig § 708 Nr. 4 ZPO]) von einer Sicherheitsleistung der Klägerin abhängig gemacht wird (§ 712 Abs. 2 S. 2 ZPO).“
b)
Auf der Grundlage dieser Interessenabwägung hätte das Landgericht den Vollstreckungsschutzantrag der Beschwerdeführerin nicht vollständig ablehnen dürfen. Die Interessenlage hat sich in der Zeit nach Erlass des Vorbehaltsurteils nicht geändert. Die Beschwerdeführerin macht ihre Gegenrechte im Nachverfahren geltend. Eine Vollstreckung des Zahlungsanspruches würde nach wie vor unmittelbar zur Insolvenz der Beschwerdeführerin führen. Auch das Landgericht geht davon aus, dass sich die der Interessenabwägung zu Grunde liegenden Tatsachen nicht geändert haben. Da es jedoch unzutreffend davon ausgeht, dass die im Vorbehaltsurteil tenorierte Beschränkung der Vollstreckbarkeit auf die Notwendigkeit einer vorherigen Sicherheitsleistung auch ohne Vollstreckungsschutz nach § 707 ZPO bestehen bleibt, hat es den Vollstreckungsschutzantrag vollständig abgelehnt, obwohl es selbst nach wie vor von der Angemessenheit einer Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung ausgeht.
2. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Das Bundesverfassungsgericht hat über den Eilantrag entschieden. Regelmäßig werden ca. 90 % aller Verfassungsbeschwerden mit einem Schreiben des Gerichts im Umfang von zwei Zeilen nicht angenommen. Bei Eilanträgen dürften es ca. 97 % sein. Unabhängig von der Qualität der Verfassungsbeschwerde muss ein Rechtsanwalt darauf hinweisen, dass auch eine gut begründete Verfassungsbeschwerde mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht angenommen wird. In der konkreten Konstellation hat das Bundesverfassungsgericht einen Mittelweg gewählt. Es hat die Verfassungsbeschwerde zwar nicht angenommen, jedoch ausführlich dargelegt, warum die Beschlüsse des Landgerichts schlicht rechtswidrig waren. Diese Darlegung des Bundesverfassungsgerichts konnte beim Landgericht vorgelegt werden, um nunmehr noch Vollstreckungsschutz zu bekommen. Hätte das Landgericht nicht reagiert, wäre diese Beibehaltung des Status Quo entgegen den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts willkürlich gewesen mit der Folge, dass diese Willkür des Landgerichts mit einer weiteren Verfassungsbeschwerde einschließlich Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht ohne Einschränkung erfolgreich gewesen wäre.